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06.07.2017

badenova in Lahr saniert altes Gaswerkgelände

Grundwasserschutz oberste Priorität – das einstige Betriebsgelände des Gaswerks Lahr wird mit hohem technischen und finanziellen Aufwand von Altlasten befreit.

Das alte Stadtwerke Lahr-Gebäude vor dem Abriss (Foto 2002).
Das alte Stadtwerke Lahr-Gebäude vor dem Abriss (Foto 2002).

Grundwasserschutz oberste Priorität – das einstige Betriebsgelände des Gaswerks Lahr wird mit hohem technischen und finanziellen Aufwand von Altlasten befreit.

Mit hohem finanziellem, technischem und personellem Aufwand nimmt der Energie- und Umweltdienstleister badenova in Zusammenarbeit mit dem Land Baden-Württemberg, dem Ortenaukreis und der Stadt Lahr derzeit die Altlastensanierung des Standortes des einstigen Gaswerks Lahr in der Gaswerkstraße in Angriff. badenova hat dieses Gelände bei der Fusion 2001 „geerbt“, aber von Beginn an keine eigene Verwendung für Gebäude und Grundstücke gehabt.

Technik-Vorstand Mathias Nikolay erklärt die Strategie der Altlastensanierungen
Technik-Vorstand Mathias Nikolay erklärt die Strategie der Altlastensanierungen

Auf dem Betriebsgelände in Lahr hat bis 1964 das Gaswerk Lahr aus Kohle und Koks sogenanntes „Stadtgas“ hergestellt. Seit 1964 wurde das Gelände von den Stadtwerken Lahr als Betriebshof, als Lager und für die Verwaltung genutzt.

Zu Zeiten des historischen Gaswerkes war das Umweltbewusstsein längst nicht so ausgeprägt, wie heute. Bei dem damals üblichen Produktionsverfahren wurde Kohle verschwelt, um ihr das Gas zu entziehen. Dabei sind gaswerktypische Bodenverunreinigungen entstanden. Es handelt sich dabei um polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK = Gaswerksteer), Cyanide, sogenanntes „Berliner Blau“, und BTEX-Aromate (Benzol, Toluol, Ethylbenzol, Xylol). Vor allem der „Gaswerkteer“ stellt eine schwarze, ölige, klebrige Masse dar, die man seinerzeit bedenkenlos im Erdreich „entsorgte“.

„Wir als ökologisch ausgerichtetes Unternehmen dürfen uns aber nicht auf dieser Erklärung ausruhen“, sagt Vorstand Mathias Nikolay. „Als Rechtsnachfolger des einstigen Gaswerkes stehen wir in der Pflicht. Es geht vor allem um den Schutz des Grundwassers, das ist unsere oberste Priorität. Unser Bestreben ist es seit Jahren, alle unsere Standorte von Altlasten zu sanieren.“

Bürgermeister Tilmann Petters zeigt auf, wie wertvoll saniertes Gelände für die Stadtentwicklung ist
Bürgermeister Tilmann Petters zeigt auf, wie wertvoll saniertes Gelände für die Stadtentwicklung ist

Als bei der badenova Fusion im Jahr 2001 das Gelände nicht mehr gebraucht wurde, standen zunächst noch sämtliche Gebäude. Ein Bodenaustausch, insbesondere im jetzt aktuellen Kernschadenbereich, war deshalb wegen der Überbauung damals noch nicht möglich. Deshalb war von den Behörden eine Grundwassersicherungsmaßnahme als den Verhältnissen angepaßtes Sanierungsverfahren ausgewählt und von der Stadt Lahr beauftragt worden. Diese erfolgte über mehrere Sicherungsbrunnen, die gewährleisteten, dass kein belastetes Grundwasser sich vom Gaswerksgelände aus weiter verbreiten konnte.

Mit dem sukzessiven Rückbau der alten Betriebsgebäude und der städtebaulichen Überplanung des Geländes ergab sich ab 2012 jedoch die Möglichkeit, verschiedene Sanierungsalternativen ins Auge zu fassen. In enger Zusammenarbeit mit der Stadt Lahr, den zuständigen Fachbehörden des Ortenaukreises und dem Regierungspräsidium Freiburg entschied sich badenova im Sommer 2015 dann für den Bodenaustausch des hochbelasteten Kernschadensbereiches. Das bedeutet, dass bis zu einer Tiefe von 12 bis 15 Metern der Boden ausgetauscht und entsorgt werden muss. Dabei handelt es sich um etwa 8.500 m³ Aushubmaterial.

Das Projekt wird durch das Land Baden-Württemberg mit 60 % finanziell gefördert. Die Fördermittel des Landes wurden durch die Stadt Lahr beantragt und werden der badenova umgehend zur Verfügung gestellt.

Im Detail erfordert eine solche aufwändige Sanierung viel Know-how und Spezialtechnik. Mit der Durchführung hat badenova deshalb ein eingespieltes Team erfahrener Experten beauftragt. Die Projektleitung obliegt André Hermann, der schon die ehemaligen Gaswerkstandorte in Freiburg, Lörrach und Emmendingen erfolgreich saniert hat. Er arbeitet zusammen mit dem Ingenieurbüro HPC, welches die vorgenannten Sanierungsprojekte in den Bereichen Analytik und Bauüberwachung betreut hat und in enger Abstimmung mit den Fachdienststellen der Stadt Lahr.

Projektleiter André Herrmann erklärt die Funktionsweise der Sanierung.
Projektleiter André Herrmann erklärt die Funktionsweise der Sanierung.

Zunächst werden die oberen Erdschichten über dem Grundwasser bis zu drei Metern Tiefe mit herkömmlichen Baggern ausgehoben. Nachdem diese oberen Bodenschichten entfernt sind, kommt ein „Grosslochbohrgerät“ zum Einsatz. Es handelt sich um eine spezielle Bohrtechnik mit einem „Bohreimer“, dessen Durchmesser zwei Meter beträgt. Damit wird Stück für Stück bis etwa in 6 Meter Tiefe, im Einzelfall sogar über 12 Meter tief, das belastete Erdreich ausgehoben und das Bohrloch danach sofort wieder mit sauberem Boden aufgefüllt. Indem die Maschine eine Bohrung neben die nächste setzt, wobei sich die Bohrungen in jede Richtung überschneiden, kann auf diese Weise nahezu die gesamte Fläche abgetragen werden.

Auf dem rund 7.500 m² großen Lahrer Gaswerksgelände hat badenova zur Vorbereitung der Sanierung umfangreiche Erkundungsbohrungen, Vermessungen und Rodungsarbeiten vorgenommen. Zu den vorbereitenden Arbeiten gehörte auch die Verlegung einer Gasleitung, die das Betriebsgelände querte. Um ausreichend Platz für die Baustelle zu schaffen musste auch ein altes Reglerhaus abgerissen werden.

Der belastete Aushub wird nicht sofort abtransportiert, sondern zunächst in einem großen Zelt zwischengelagert (Einhausung). Das Zelt verfügte über eine leistungsfähige Absauganlage zum Schutz der dort tätigen Mitarbeiter und der Anwohner. Für die Baustellenfahrzeuge wird eine Reifenwaschanlage installiert, ebenso für das Werkzeug ein Gerätewaschplatz. Die Baustelle kann nur über eine Arbeitsschleuse betreten werden, bei der sichergestellt wird (mit besonderer Schutzkleidung), dass keine schadstoffhaltigen Materialien beim Verlassen des Geländes nach außen transportiert werden können.

Die gesamte Sanierungsmaßnahme kostet brutto rund 5,0 Mio. € und wird mit 60% durch das Land Baden-Württemberg gefördert. (siehe oben)

Projektleiter André Herrmann mit Tillmann Petters und Mathias Nikolay im Fachgespräch.
Projektleiter André Herrmann mit Tillmann Petters und Mathias Nikolay im Fachgespräch.

Die Stadt Lahr ist als ständiges Mitglied der sogenannten Projektgruppe an der technischen Umsetzung der Sanierung maßgeblich beteiligt. Für die Stadt Lahr bedeutet die nun intensivierte Sanierungsmaßnahme das Schließen einer städtebaulichen Wunde. Wenn diese geschlossen ist, kann hier ein Neuanfang entwickelt und die Brache einer neuen, städtebaulich sinnvollen Nutzung zugeführt werden.

Nach Beginn der Sanierungsmaßnahme bzw. dann, wenn es etwas zu „sehen und zu riechen“ gibt, beabsichtigen die Verantwortlichen, der Öffentlichkeit einen Einblick in die nicht alltägliche Art einer solchen Baustelle zu ermöglichen; eine rechtzeitige Information an Interessierte Bürger und Nachbarn wird folgen.