Ökostrom ist angesagt. Kaum ein Energieversorger kommt ohne einen eigenen Tarif aus. Was der Begriff Ökostrom aber wirklich bedeutet, das ist in Deutschland längst nicht geklärt. Regenerativ? CO2-frei? Oder beides? Alles Wissenswerte über Ökostrom erfährst Du hier.

Sonne, Wind, Wasser und Biomasse schicken grünen Ökostrom durchs Netz

Ökostrom. Naturstrom. Grüner Strom. Die allermeisten von uns haben eine gewisse Vorstellung davon, was sich hinter diesen Begriffen verbirgt. Wer genauer nachfragt, der stellt aber schnell fest, dass es gar nicht so einfach ist, allgemeingültig zu erläutern, was sich hinter dem grünen Strom verbirgt. Folglich macht es Sinn, sich der Bedeutung von Ökostrom auf einer inhaltlichen Ebene zu nähern.

Auffällig ist: Die drei Begriffe Ökostrom, Naturstrom oder grüner Strom werden vielfach synonym verwendet. Ökostrom ist kein geschützter Begriff. Im Gegenteil: Gebräuchlich sind durchaus unterschiedliche inhaltliche Auslegungen.

So subsumiert der Bundesverband Erneuerbare Energie e. V. (BEE) als Lobbyverband der Erneuerbare Energien-Branche in Deutschland unter der Bezeichnung Ökostrom alles das, was wenigstens zur Hälfte aus erneuerbaren Energien wie Wind-, Bio-, Hydro- oder Solarenergie und Geothermie besteht. Die andere Hälfte muss dann Strom aus sogenannten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen beisteuern.

Andere Interpretationen schließen mitunter Großwasserkraftprojekte aus der Ökostromdefinition aus. Der Hintergrund: Die dazu erforderlichen Eingriffe in die Natur wie zum Beispiel beim Drei-Schluchten-Damm in China sind mitunter von erheblichem Ausmaß.

Ökostrom aus erneuerbaren Energien

Auffällig ist: Die CO2-Problematik findet in den Definitionsansätzen keinen Platz. Und das nicht ohne Grund, denn: Gänzlich ohne CO2-Ausstoß fällt die Bilanz Erneuerbarer Energien nicht aus – zumindest, wenn man bei der Berechnung alle Faktoren berücksichtigt. Das Klimagas entsteht beispielsweise bei der Rohstoffbeschaffung oder der Produktion der jeweiligen Anlagen.

Für alle Berechnungen gilt aber: Umgerechnet auf eine Kilowattstunde emittiert Ökostrom dramatisch weniger CO2 als die Stromerzeugung aus konventionellen Energiequellen:

  • Windkraft // 8 bis 16 Gramm CO2 pro Kilowattstunde (g/kWh)
  • Wasserkraft // 4 bis 13 Gramm CO2 pro Kilowattstunde (g/kWh)
  • Sonnenenergie // 80 bis 160 Gramm CO2 pro Kilowattstunde (G/kWh)
  • Braunkohleverstromung // bis zu 980 Gramm CO2pro Kilowattstunde (g/kWh)

Alles das zeigt das Dilemma um den Ökostrombegriff. Ein präziseres Bild liefert aber die Betrachtung, was kein grüner Ökostrom ist. Konventioneller Kohle- und Atomstrom lassen sich ebenso wenig als Ökostrom bezeichnen wie die Energie aus Gaskraftwerken.

Bei der Definition des Ökostrombegriffs ist das Nachbarland Österreich einen ganzen Schritt weiter als Deutschland. Im alpenländischen Ökostromgesetz ist festgehalten, dass jeder Strom, der aus erneuerbaren Energien erzeugt wird, als Ökostrom gilt. Das klingt klar, prägnant und verständlich. Gleichzeitig dürfte sich die Definition der Österreicher mit dem Verständnis vieler Menschen hierzulande decken.

Ökostrom aus Solarenergie
Ökostrom aus Solarenergie: fexel © Shutterstock

Aus welchen Quellen stammt Ökostrom?

Sonne, Wind, Wasser und Biomasse sind die wichtigsten erneuerbaren Energiequellen. Erneuerbar bedeutet in diesem Fall, dass die Energie nicht aus Kernenergie oder aus fossilen Brennstoffen gewonnen wird, sondern Quellen verwendet werden, die (nahezu) unerschöpflich vorhanden sind und sich schnell regenerieren.

Solarenergie nutzt die Sonnenstrahlung für die Stromerzeugung mithilfe leistungsfähiger Fotovoltaikanlagen. Sonnenwärmekraftwerke produzieren Strom sogar aus Wärme und Wasserdampf. Ein wirtschaftlicher Betrieb dieser Anlagen lohnt sich in Deutschland derzeit aber nicht, ist aber in Südeuropa oder Afrika möglich.

Vorteil aller Anlagen, die die Sonne für die Erzeugung von Strom nutzen, ist das Klimaargument: Bei der Stromproduktion werden weder Schadstoffe noch Feinstaub oder CO2freigesetzt – bei der Herstellung der Anlagen hingegen schon.

Im Kanon der erneuerbaren Energien hat die Erzeugung von Windenergie in Deutschland den größten Teil der Bruttostromerzeugung. Unterschieden werden derartige Kraftwerke als Onshore- und Offshore-Anlagen – je nachdem, ob sie an Land oder vor der Küste betrieben werden.

Ökostrom aus Windenergie
Ökostrom aus Windenergie: Kampan © Shutterstock

Vorteil der Windkraftanlagen neben der guten CO2-Bilanz bei der Stromproduktion: Diese erneuerbare Lösung benötigt wenig Platz und ist vergleichsweise schnell und günstig zu installieren, zumindest sofern sie über einen landgestützten Standort verfügen.

Im Unterschied zur Sonnen- oder Windenergie hat die Nutzung der Wasserkraft eine lange Tradition. Nicht nur in Deutschland: Historiker gehen davon aus, dass sie in China bereits vor 5.000 Jahren genutzt wurde. Unterschieden werden moderne Anlagen in Speicherkraftwerke und Laufwasserkraftwerke. Letztere produzieren klimafreundlichen Strom mithilfe der Strömungskraft von Gewässern.

Speicherkraftwerke wiederum werden an Talsperren oder Bergseen errichtet. Zur Energiegewinnung wird Wasser abgelassen. Dabei durchfließt es Turbinen, die Strom wiederum erzeugen. Besonderer Vorteil der Wasserkraftwerke: Entsprechende Anlagen lassen sich gut regeln und können nach Bedarf in Betrieb genommen werden.

Und wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht?

Experten nennen dieses Szenario „Dunkelflaute“. Im Jahresdurchschnitt 2020 lag der Anteil der erneuerbaren Energien bei rund 45 Prozent. Weil Deutschland sowohl Atom- (bis 2022) als auch Kohlekraftwerke (bis 2038) abschalten will, ist die Dunkelflaute durchaus eine Herausforderung für die Zukunft. Allerdings – und das ist die gute Nachricht für eine nachhaltige Zukunft: An langfristigen Lösungen wird bereits gearbeitet. Drei Szenarien existieren:

  • Intelligenteres Management bei der Stromnachfrage
  • Ausbau der Stromspeicher
  • Installation klimaneutraler Gaskraftwerke

Als Ökostrom-Interessent bist Du also auf der sicheren Seite: Du musst keine Angst haben, dass aus Deiner Steckdose an kurzen, grauen, kalten und windstillen Tagen kein Strom mehr fließt. Im Gegenteil, zur Bewältigung entsprechender Strom-Peaks stehen im (Not-)Fall große Kapazitäten an fossilen Kraftwerken zur Verfügung, um einen möglichen Strombedarf jenseits von Wind, Wasser und Sonne zu decken.

Wie beliebt ist Ökostrom in Deutschland?

Die Beliebtheit von Haushaltsstrom aus erneuerbaren Quellen steigt seit vielen Jahren kontinuierlich an. 2019 – im letzten vollständigen Vor-Corona-Kalenderjahr – wurden in Deutschland knapp 13 Millionen Menschen mit Ökostrom versorgt. Im Vergleich dazu: 2015 bezogen nur rund 8,5 Millionen Menschen Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Mit der steigenden Beliebtheit bei den Menschen hat sich auch der Anteil des Ökostroms am Bruttostromverbrauch entwickelt.

Jahr Summe
Bruttostromerzeugung (GWh)3
Anteil am
Bruttostromverbrauch (%)
2000 36.226 6,3
2005 63.400 10,3
2010 105.181 17,0
2015 188.786 31,5
2019 242.549 42,1
Tab. 1: Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch (Quelle: Erneuerbare Energien in Zahlen, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Stand 10/2020

Darauf solltest Du bei einem Ökostromanbieter achten

Ökostrom aus der eigenen Steckdose ist ein beliebtes Argument, um Verantwortung fürs Klima und die Umwelt zu übernehmen. Du solltest aber wissen, dass jeder Stromkunde – mit oder ohne Ökostromtarif – den Ausbau der erneuerbaren Energien fördert. Grund ist die EEG-Umlage, die auch auf Deiner Stromrechnung ausgewiesen ist.

Unabhängig vom Tarif beträgt die EEG-Umlage etwa 20 Prozent des Strompreises. Sie basiert auf dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) und regelt die bevorzugte Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien ins Stromnetz. Den Erzeugern werden so feste Einspeisevergütungen garantiert. Jeder Stromkunde trägt also aktiv zur Energiewende bei und fördert den Ausbau der erneuerbaren Energien mit der Zahlung der EEG-Umlage.

Bei der Suchen nach einem Ökostromtarif hast Du die Qual der Wahl. Es fällt auf, dass rund 80 Prozent aller Energieversorger einen eigenen Tarif anbieten. Für viele Interessenten stellt das große Angebot ein echtes Hindernis dar.

Hier kommt die Definition des Ökostrombegriffs wieder ins Spiel: Weil der Begriff in Deutschland unterschiedlichen Interpretationen unterliegt, ist der direkte Vergleich einzelner Tarife kein Kinderspiel. Um mehr Orientierung in den Tarifdschungel zu bringen, bedienen sich die Energieversorger deswegen verschiedener Zertifikate, Herkunftsnachweisen, Labels oder Gütesiegeln. Ziel ist es, den grünen Strom zu klassifizieren.

Um den realen Beitrag zum Klimaschutz einschätzen zu können, hilft vielfach ein Blick auf die Kennzeichnung von Ökostromprodukten. Dabei solltest Du wissen, dass Ökostrom mindestens aus zwei Komponenten besteht:

  • der physischen Stromlieferung
  • einem Herkunftsnachweis über die Menge des gelieferten Stroms

Einige Anbieter betonen zudem einen Zusatznutzen eigener Ökostromtarife. Dieser Zusatznutzen kann beispielsweise den aktiven Ausbau erneuerbarer Energien durch den Energieversorger oder regionale Projekte hinsichtlich des Klima-, Umwelt- oder Naturschutzes betreffen. Dabei sollte Dir bewusst sein: Der tatsächliche Strommix in Deutschland verändert sich durch den Zusatznutzen vielfach nicht.

Mit den unterschiedlichsten Gütesiegeln und Zertifikaten dokumentieren die Energieversorger weiterhin, dass der Ökostrom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Bekannteste Institution für derartige Grünstrom-Gütesiegel ist der TÜV (Technische Überwachungsverein). Sowohl der TÜV Nord als auch der TÜV Süd vergeben derartige Siegel. Zertifizierungen des TÜV genießen weltweit höchste Wertschätzung.

Obwohl Angebot und Nachfrage in puncto Ökostromtarife kontinuierlich steigen, ist zu beobachten, dass die Energieversorger auf eine Nutzung derartiger Siegel und Zertifizierungen zunehmend verzichten. Hintergrund ist wohl die Annahme, dass aufgrund des nicht geschützten Ökostrombegriffs auf derartige Qualitätsstandards verzichtet werden kann.

Ökostrom für mehr Klimaschutz
Ökostrom für mehr Klimaschutz: Krichevtseva © Shutterstock

Ökostrom – Umwelt- und Klimaschutz, der ankommt

Kennzeichnungen, Siegel und Zusatznutzen sind nach wie vor prägnante Marker der jeweiligen Ökostromtarife. In der Praxis bedeutet dies meist Folgendes: Der Anbieter garantiert, dass die bezogene Menge Strom aus erneuerbaren Quellen produziert wurde.

Das bedeutet aber nicht, dass aus Deiner Steckdose wirklich Ökostrom fließt. Auch wenn Du Dich für grünen Strom entscheidest, kommt aus Deiner Steckdose sogenannter Graustrom – also ein Mix aus erneuerbaren und fossilen Quellen.

Das kommt Dir ein wenig seltsam vor? Verständlich. Aber damit ausschließlich reiner Ökostrom aus Deiner Steckdose fließt, wäre ein eigenes Ökostromnetz erforderlich. Das ist natürlich so nicht möglich.

Berücksichtigen solltest Du aber Folgendes: Mit Deiner Entscheidung für einen Ökostromtarif trägst Du dazu bei, dass mehr grüner Strom durch die Netze fließt. Und je grüner der Strom ist, desto besser ist das fürs Klima.

Zusammenfassung

Als Ökostrom bezeichnet man den Strom, der aus erneuerbaren Energien wie Wind, Wasser und Sonne gewonnen wird. Lässt man die erforderliche Infrastruktur für die Energieerzeugung einmal außer Acht, dann wird Strom ohne Ausstoß von Schadstoffen, Feinstaub und klimaschädlicher Gase erzeugt.

Die Entscheidung für einen Ökostromtarif bedeutet aber nicht, dass aus Deinen Steckdosen wirklich reiner Naturstrom fließt. Allerdings erhöht Deine Entscheidung den Anteil grüner Energie in den Stromnetzen.

Umweltbewusst leben © Shutterstock

Ökostrom: Dein Beitrag
für ein nachhaltiges Leben

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Strom aus Wasserkraft © Shutterstock

Ökostrom – definitiv regenerativ!
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Ökostrom

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